-the incredible-

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Bald sind wir da

„Irgendwo in den nächsten paar Dörfern müsste schon bald die ungarische Grenze kommen“, sprudelt es aus Roger heraus. Von Jessica kommt keine Antwort. Sie ist tief und fest am Schlafen. Hinter ihr, unter dem Tisch, an einem gesicherten Platz, liegt Rosita. Sie ist ebenfalls dem monotonen Summen von Jumbos Motor verfallen und schnarcht vor sich hin. Die Landschaften, welche wir auf der Fahrt von Pliesovce in der Slowakei bis zum ungarischen Grenzübergang in Sahy passieren, erinnern irgendwie an das Emmental in der Schweiz. Halbhohe Berge, die gerne noch ein wenig wachsen würden, aber einfach nicht können. Die dichten tiefgrünen Wälder und die eingezäunten Wiesen mit weidenden Kühen verstärken das Schweizer Heimatgefühl.

Der Grenzübertritt verläuft problemlos. Ein Lächeln und ein Augenzwinkern des Zöllners, der uns durchwinkt, lassen uns erhoffen, dass in Ungarn eine chillige Zeit auf uns zukommt. Mittlerweile sind die letzten Sonnenstrahlen am Verschwinden. Sie reflektieren dadurch verstärkt an den spärlichen Wolkengebilden am Himmel und färben ihn in ein kräftiges Lila-Orange.

Welcome to Hungary

Als wir in der Kleinstadt Szentendre, einem ‘Beinahe-Vorort’ von Budapest auf den Campingplatz rollen, ist es schon fast dunkel. Eine herzige alte Dame fragt uns wie lange wir den bleiben möchten. „Wir wissen es noch nicht so genau.“, gaben wir zur Antwort. Immer wenn wir grössere Städte besuchen, gönnen wir uns einen Campingplatz. Einfach damit wir auch guten Gewissens unseren Jumbo unbeaufsichtigt lassen können. Wir haben doch einige Programmpunkte, die wir in der Region gerne sehen würden. Also sagen wir mal: „Eine Woche.“ Die alte Dame lächelt und erklärt uns standardmässig in gutem Deutsch wo was auf dem Campingplatz ist und wie wir am besten in die Stadt kommen.

Nachdem wir uns ein Plätzchen gesucht haben und eingerichtet sind, wird uns bewusst wie warm es eigentlich ist. „21:30 Uhr und wir haben 28 Grad Celsius!?“, keucht Jessica. Rückblickend ist dies definitiv ein kleiner heimlicher Vorbote für das, was uns in den kommenden Tagen erwartet. Aber das wissen wir ja glücklicherweise zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Isengard – äh, tschuldigung, Visegrád

An unserem ersten Tag in Ungarn steht Visegrád auf dem Programm. Vom Hörensagen her, hat man von der im 13. Jahrhundert errichteten Burg einen herrlichen Ausblick über das Tal in der sich die Donau gemütlich hindurchschlängelt. Bevor wir uns allerdings auf unsere Petra schwingen, graben wir zuhinterst in der Garage die Klimaanlage hervor und installieren sie wie üblich auf dem Fahrersitz. Es soll heute nämlich weit über 35 Grad Celsius werden. Und obwohl unser Jumbo auf dem Campingplatz schön im Schatten unter einem großen Eichenbaum steht, wollen wir Rosita keinesfalls einfach so im Jumbo lassen, ohne die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Mit der mobilen Klimaanlage, welche wir notfalls für ein paar Stunden auch nur mit Solarstrom Betreiben könnten, bringen wir die Temperatur, wenn es draussen über 30 Grad Celsius ist, locker wieder auf angenehme 20 Grad im Innenraum. Zusätzlich haben wir noch den Wasserverdunster, welcher ebenso kalte Luft durch die Räume bläst. Viel besser für unseren geliebten Wollknäuel – und auch für uns. Bei diesen Temperaturen ist es leider für Rosita auch draussen nicht mehr angenehm. So werden die Spaziergänge an die Randstunden verschoben und es wird zwischendurch immer ein Plantschbecken zur Abkühlung aufgesucht. Das freut unsere kleine Plantsch-Queen natürlich unheimlich. Glücklicherweise liegt unser Campingplatz direkt an der Donau. Perfekt für Rosita.

Der Weg von Seszendre aus ist ein Kinderspiel, und die Landschaft dazu einfach atemberaubend. Einmal alles derselben Strasse der Donau entlang folgen und schon sind wir 30 Minuten später in Visegrád. Wir können die Vorfreude kaum zügeln, als wir näher an das Schloss kommen, das schon Könige und Kaiser beherbergt hat. Wir stellen Petra auf dem Besucherparkplatz ab und kaufen beim kleinen holzigen Kassenhäuschen ein Ticket. Jetzt können wir es endgültig kaum mehr erwarten, diejenigen Mauern zu erkunden, die Geschichten aus dem 13. Jahrhundert erzählen. Ihre Blütezeit erlebte die Burg ab dem Jahre 1408, als der König Matthias Corvinus hier seine Sommerresidenz hatte. Die Burg diente ihm nicht nur als luxuriöses zuhause, sondern auch als strategisch wichtiger Punkt zur Überwachung der Donau.

Spassvogel Roger
In der visegráder Burg

Wir fühlen uns wie Ritter und Adelige, als wir durch die eindrucksvollen Säle und Hallen wandern. Die Aussicht auf die Donau und die umliegenden Hügel ist wirklich königlich.

Das Schloss Visegrád hat natürlich auch seine Geheimnisse. Wie die Sage um den sogenannten ‘Salamon-Turm’ des unteren Schlosskomplexes. Die Geschichte besagt, dass König Salamon von Ungarn in diesem Turm gefangen gehalten wurde, daher der Name. Die Legende erzählt von seinem tragischen Sturz von der Macht und wie er in diesem Turm festgehalten wurde, um politische Intrigen und Machtspiele zu verhindern. In anderen Versionen der Sage wurde König Salamon jedoch nicht im Turm eingesperrt, sondern ein weiser Mann namens Salamon, der das Geheimnis eines verborgenen Schatzes kannte, oder so ähnlich. Wie es eben in Sagen so ist.

Wir spüren schon ein ‘bizeli’ die historische Magie, die diesen Ort umgibt. Einen Schatz finden wir leider nicht, dafür aber eine kleine Beiz, in der wir mit etwas Goldenem unsere Kehlen benetzen.

Ausblick von der Burg in Visegrád auf die Donau

Der langsame Tod des kühlen Schrankes

Als wir gegen Mittag wieder zurück auf den Campingplatz kommen, freut sich Rosita aka Mamacita aka Mama schon riesig darauf uns zu sehen, und natürlich ihre Blase leeren zu können. Während also Roger mit Mama draussen nach einem von Mama ‘approvten’ ‘Bisiwiesli’ sucht, – ja, sie ist da sehr wählerisch, sie benetzt nicht jedes ‘Gräsli’ mit ihrem Duft -, bereitet Jessi das Mittagessen vor. Zumindest hätte sie das gerne, denn als Sie den Kühlschrank öffnet, kommt ihr nicht wie sonst eine kühle Briese entgegen, sondern eher ein laues Lüftchen gepaart mit einem komischen Geschmack.

Zusammen mit Roger wird der Patient untersucht. Diagnose: Hitzekoller. Bei dieser Hitze will der 30ig jährige Kühlschrank nicht mehr richtig mitmachen. Das Kühlfach allerdings funktioniert noch – so einigermassen zumindest. Nun steht er unter Aufsicht. Am späten Abend, wenn es auch draussen kühler wird, erholt er sich und schöpft neue Energie für die gewohnte Kühlleistung. Beunruhigen tut uns dieser Umstand aber dennoch und wir lassen den Abend vor unseren Handys, nach Kühlschränken googelnd, ausklingen.