Auf in die unendlichen Weiten von Portugal
Nach knapp einem Monat Erholung und im Einklang mit den restlichen Bauarbeiten rund um Jumbo, starten wir nun Final ins grosse Abenteuer.
Unser Endziel von Portugal: Pousa. In diesem kleinen Dorf, im District Barcellos im Norden Portugals, ist Roger mindestens einmal pro Jahr anzutreffen und dies seit sage und schreibe zehn Jahren. Dazu aber später mehr.
Wir verabschieden uns von Chantal, die nochmals explizit erwähnt das wir hier immer willkommen seien und machen uns auf den Weg, unser Versprechen einzuhalten, vor unserer finalen Abreise nochmals unsere Tanks bei unserem Tankwart des Vertrauens zu füllen. Dann stechen wir ins Landesinnere. Leider sind wir nicht die Einzigen mit diesem Plan. Bei der Gastankstelle angekommen reihen wir uns hinter einem deutschen, zwei österreichischen und einem norwegischen Fahrzeug in die Schlange ein. Alle wollen ihre LPG-Tanks und Gasflaschen zu einem „noch“ einigermassen erschwinglichen Preis gefüllt bekommen. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat die Energiepreise in den letzten Tagen grausig in die Höhe getrieben. Als wir an der Reihe sind, fragt der freundliche Tankwart wie viel Gas wir benötigen. Seine Tankanlage sei quasi leer und Nachschub komme erst in drei Tagen wieder. Er sei seit dem Ausbruch des Krieges wortwörtlich überrannt worden. Auf die Frage, ob er denn nicht Freude hätte, dass das Geschäft so gut läuft, meint er: „Aufgrund der hohen Steuern hier in Portugal bringt mir dieser Preisanstieg leider nicht wirklich viel!“ Wir meinen jedoch dennoch ein kleines Eurozeichen in seinen Augen funkeln gesehen zu haben, als er seinen Satz mit einem verschmitzten Lächeln beendete. Die Zapfpistole, welche am LPG-Gastank hängt, macht „KLACK“ und erleichtert wissen wir, es hatte noch genug Gas für uns. Gottseidank! Den je nördlicher wir mit unserem Jumbo gelangen, desto frischer wird es temperaturmässig. Wir werden also die Heizung, welche hier im milden Süden nicht oft im Einsatz war, häufiger brauchen.
Wir verabschieden uns vom Tankwart, starten den Motor und freuen uns darauf, Portugal endlich zu erkunden.
Die Vielfältigkeit des Landesinnere
Über eine sich zwischen den Hügeln hindurch schlängelnde Hauptstrasse verlassen wir die Küstenregion und bemerken, wie wunderschön die Landschaft hier ist. Von den weitläufigen Feuchtgebieten des Rio Vascao bis hin zu den sanften Hügeln der Serra do Caldeirão, die eine einzigartige Vielfalt an Flora und Fauna beheimatet, sind die Landschaften und Ökosysteme auf dem Weg von Moncarapacho nach Mértola eine wahre Freude. Wir öffnen während der Fahrt die Fenster und geniessen den Duft der zahlreichen Eukalyptus Bäume entlang der Strasse. Zeitweise haben wir sogar das Gefühl durch die australischen Blue Mountains oder durch die Wälder südlich von Perth mit ihren Mammut Bäumen zu fahren, welche wir von früheren Reisen nur zu gut kennen.
Infobox:
Obwohl Portugal und Australien auf verschiedenen Kontinenten liegen, gibt es einige Pflanzen, die sowohl in Australien als auch in Portugal vorkommen. Beispielsweise die Eukalypten, die ursprünglich aus Australien stammen und im Laufe der Zeitnach Portugal gebracht wurden. Auch Johannisbrotbäume, der chinesische Roseneibisch,
Wandelröschen und Kahle Drillingsblumen sind in beiden Ländern verbreitet.
Wir bleiben für eine Weile in der Region und besuchen nebst Mértola, die Ortschaften Mina de São Domingos, einem historischen Bergbauort, in welchem bis ins Jahr 1966 Schwefelkies abgebaut wurde, sowie Alcoutim, wo wir die schöne Burganlage, die inzwischen zu einem Museum umfunktioniert wurde, besuchen. Vor Alcoutim übernachten wir wortwörtlich in der Pampa. Felder ohne Ende und in der Mitte ein riesiger Kiesparkplatz, auf welchem sich viele Wohnmobilisten tummeln. In einem Eck des Platzes sehen wir, wie sich ein paar junge deutsche Reisende sogar ein kleines Partylager aufgebaut haben. Ein Truck mit Wohnaufbau sowie drei kleinere Wohnmobile formen ein Viereck und in der Mitte brennt ein grosses Lagerfeuer. Die schon leicht angeduselten Kameraden tanzen zu lautem Deutsch-Rock ums Feuer herum.
Nach einem weiteren Zwischenstopp in Castro Verde, welches für seine zahlreichen Windmühlen bekannt ist passieren wir zunächst die Hügellandschaft in der Region Alentejo. Die Strasse führt durch kleine, malerische Dörfer, die von Feldern und Olivenhainen umgeben sind. Die Landschaft ist schon im März von einem satten Grün bedeckt, das sich mit dem Blau des Himmels harmonisch vermischt.
Auf nach Lissabon
Nach einiger Zeit erreichen wir die Autobahn A2, die von Castro Verde in Richtung Lissabon führt. Die Autobahn ist gut ausgebaut und bietet einen schnellen und komfortablen Weg in die Hauptstadt.
Das Cruisen im Jumbo ist halt schon nice! Es fühlt sich irgendwie einfach gut an zu wissen, dass man alles was man für ein komfortables Leben benötigt, immer dabei hat.
Nach etwa sechs Stunden Fahrt und weiteren Zwischenstopps in Évora und Arraiolos erreichen wir schließlich Palmela, das kurz vor Lissabon liegt. Ein älterer Herr öffnet uns das Tor auf sein privates Grundstück, welches wir vorher bei Park4night gefunden haben. Für fünf Euro pro Nacht erhalten wir einen sicheren Stellplatz mit Wasser und Strom, von welchem aus wir unbesorgt die portugiesische Hauptstadt besuchen können.
Rositas Geburtstagsfiasko
Bevor wir jedoch unsere Stadtbesichtigung in Lissabon angehen, steht noch ein wichtiger Event an. Rosita feiert heute nämlich Geburtstag. Happy Birthday, liebe Mamacita! Und da man Traditionen bekanntlich wahren sollte, gibt es auch dieses Jahr für den kleinen Wollknäuel ein Geburtstagskuchen in Form eines Gugelhopfes aus purem Hackfleisch, welcher Jessi mit viel Liebe gebacken hat. Einen ausgiebigen Spaziergang durch die vom Saharastaub gelb gefärbte Landschaft runden das Geburtstagsspektakel ab. So wie wir Menschen bei unseren Geburtstagen kräftig «partysieren» und deshalb manchmal auch ein wenig zu tief ins Glas schauen, so gönnt sich Rosita vermutlich einen Bissen zu viel vom Fleischkuchen. Sie freut sich so dermassen ab ihrem Geburtstagsgugelhopf, dass sie in der Nacht die Funktion ihres Schliessmuskels vergisst und so richtig ordentlich auf Jumbos Boden scheisst.
Sightseeingtour durch Lissabon
Voller Vorfreude machen wir uns mit unserer Petra auf den 40-minütigen Weg nach Lissabon.
Als wir von Süden herkommend auf der Autobahnbrücke ‘Ponte 25 de Abril’ den ersten Blick auf die Stadt erhaschen, wird uns sofort dessen Wärme und Schönheit bewusst. Einmal quer mit unserer Petra durch die Innenstadt gecruist, parkieren wir diese nahe des Praça do Comércio.
Unsere Reise durch Lissabon beginnen wir mit einem Spaziergang durch die Gassen des historischen Alfama-Viertels. Die engen, verwinkelten Strassen sind mit traditionellen Chuchiplättli und Blumen dekoriert und die zahlreichen kleinen Cafés und Geschäfte laden ein, sich jeglichen Schnick-Schnack zu kaufen. Teilweise sehen die Kacheln so aus, als hätte man sie extra aus einem mitteleuropäischen Badezimmer der 60er Jahre gehauen, nur um sie hier in Lissabon an die Hausmauern zu kleben. Aus Jux posiert Roger für ein Bild vor solch einer sexy senfgelben Kachelwand. Als das ein anderes Pärchen hinter uns sieht, verdonnerte die gute Freundin ihren Partner dazu, ebenfalls vor der absolut unspektakulären Kachelwand zu posieren. Wir lachen und sinnieren darüber, was der Mensch doch für ein Herdentier ist.
Wir gönnen uns ein traditionelles Pastel de Nata, ein leckeres portugiesisches Gebäck, und genießen die wunderbare Atmosphäre.
Unser nächster Halt ist das Castelo de São Jorge, ein beeindruckendes Schloss. Es wurde im 11. Jahrhundert von den Mauren erbaut und war für fast 400 Jahre eine wichtige Festung und Residenz für die portugiesischen Könige. Als Besucher hätten wir auf den alten Mauern spazieren, durch den Burggarten schlendern und die wunderschöne Aussicht auf die Stadt geniessen können. Richtig gelesen, hätten! Denn als wir vor dem Eingang standen und die zahlreichen Touristen sahen, überlegten wir uns, ob wir nicht doch mehr davon hätten, in einem Strassencafé den Moment zu geniessen und Lissabon auf diese Weise aufzusaugen, anstatt sich durch eine von Touristen überlaufene Burg zu quetschen. Wir entschieden uns für Ersteres. Auch wenn wir das Castelo de São Jorge nicht von innen gesehen haben, ist es doch ein wichtiger kultureller Ort für die Lissabonern. Es bietet das ganze Jahr über verschiedene Veranstaltungen und Aktivitäten an, darunter Theateraufführungen, Konzerte und Kunstausstellungen.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir beschliessen, in einem der vielen Restaurants in der Innenstadt etwas zu essen. Für uns gibt es gegrillten Fisch mit frischem Gemüse. Das ausgewählte kleine Restaurant liegt gleich unterhalb des Castelo de São Jorge, weshalb man hier beim Essen über ganz Lissabon sieht.
Mit vollem Bauch wollen wir, den berühmten Elevador de Santa Justa nehmen, einen Aufzug aus dem 19. Jahrhundert. Hatten aber zum einen nicht das Gefühl neun Euro für eine Liftfahrt zahlen zu müssen und zum anderen sind wir einfach noch zu überfressen für ein solches Vorhaben.
Zum Abschluss wollen wir mit dem berühmten Tram Nr. 28 eine Runde drehen. Es ist jedoch so dermassen überfüllt, das wir uns dazu entschliessen, die Strecke dieses Trams abzulaufen. Wir bekommen wunderschöne Stadtviertel zu sehen und haben mehrfach die Gelegenheit das Tram mit Lissabon im Hintergrund zu fotografieren. Auf einem Platz mit Ausblick auf das Meer und einem Teil von Lissabon halten wir inne und beobachten das bunte Treiben dieser Stadt.
Mittlerweile sind die Füsse müde geworden und so entscheiden wir uns dann dazu, gemütlich den spektakulären Sonnenuntergang am Tejo zu geniessen, bevor wir über die rund 17 Kilometer lange Autobahnbrücke Ponte Vasco da Gamma Lissabon wieder verlassen. Der Wind bläst dabei so stark, dass wir mit einer konstanten Schräglage fahren müssen um nicht direkt von der Brücke geluftet zu werden.
Neue Nachbarn
Zurück in Palmela treffen wir auf unsere neuen Nachbarn auf dem Stellplatz. Das belgisches Pärchen Armand und Irina. Sie sind gerade auf dem Weg in die Algarve und machen einen Zwischenstopp im schönen Lissabon. Irina erzählt uns, dass sie eigentlich aus der Ukraine sei, aber seit der Kindheit in Belgien lebe. Ihre Eltern leben jedoch mittlerweile wieder in der Ukraine, genau genommen in einer Stadt namens Lwiw, ganz im Westen der Ukraine. Am nächsten Morgen lesen wir in der Zeitung das über Nacht genau jene Stadt schwer bombardiert wurde und teilen dies umgehend Irina mit. Ihre Reaktion war irgendwie kühl und gleichgültig: «Jaja, es ist schon schrecklich was da gerade passiert», meint sie fast schon schulterzuckend. Wir sehen uns irritiert an und denken dabei, dass wenn die Stadt in der unsere Eltern leben bombardiert werden würde, wir gleich zum Telefon greifen würden, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Jänu, never judge a book by it’s cover.
Wir verlassen Lissabon und steuern via Cascais, einen Ort direkt am Meer, Sintra an, um den berühmten Palacio Nàcional de Pena zu besuchen.