Buenas Dias Spanien
Beim Grenzübergang vor La Jonquera schnuppern wir so richtig gute südländische Luft und bemerken auch das erste Mal, wie viel Freude die Leute an Jumbos Jungle-Look haben. Ebenso sammeln wir erste Erfahrungen, inwieweit wir das Strassenverkehrsgesetz ausreizen können.
Da wir nämlich nicht wie die normalen Trucks auf der Autobahn die Grenze nach Spanien überqueren, sondern auf der Landstrasse in Richtung Grenzübergang unterwegs sind, zwängen wir uns durchs enge Dörflein Le Perthus. Dieses besagte Dorf ist eigentlich für den Schwerverkehr gesperrt. Die vorausgehende Tafel (wie das in der EU ja Standard ist) müssen wir irgendwie übersehen haben. Und so finden wir uns mitten drin, in diesem Dorf, vor uns ein riesiges, unübersehbares 7.5 Tonnen Verbotsschild und sehen uns nun das erste Mal mit dem Strassenverkehrsgesetz konfrontiert. Während Roger verzweifelt in dem kleinen Dorf nach einer Anhaltemöglichkeit sucht, damit wir einen alternativen Weg suchen können, rollen wir weiter und weiter und weiter und bemerken nicht, dass es bereits zu spät ist. Denn die Strasse durch das kleine Kaff verengt sich zunehmend und die am Strassenrand vor den Cafés parkenden Autos machen die Sache auch nicht besser.
„Super, jetzt kommt auch noch ein breiter Lieferwagen entgegen!“, brummt Roger vor sich hin. Zeitgleich erhalten wir viel Jubel und freudige Zurufe von Passanten, welche uns einen Daumen nach oben zeigen oder einfach mit einem lächelnden Nicken ihre Begeisterung für Jumbo kundtun. Sie scheren sich anscheinend nicht darum, dass wir mit unserem Monstrum hier eigentlich nicht durchfahren dürften: „Ja vielen Dank allerseits. Ist doch perfekt, dann haben wir gleich noch ein paar Zuschauer, falls wir hier bei den parkierten Autos die Seitenspiegel abrasieren.“, wettert Roger weiter. Und zur Krönung läuft uns auf dem Trottoir auch noch ein Schmierlappen entgegen. Von Ihm erhalten wir einen ganz besonderen Blick. Er lächelt anfänglich, doch dann verzieht sich seine Miene und er bleibt stehen. Vermutlich kommt ihm nun gerade in den Sinn, dass hier ein Fahrzeug über 7.5 Tonnen gar nichts zu suchen hat. Der Polizist dreht sich um und schaut uns nach. „Au Backe!”, sagt Jessi etwas ängstlich. Roger sieht in seinem Seitenspiegel, dass der Polizist keinerlei Anzeichen macht, um uns aufzuhalten, zur Rede zu stellen oder gar zu büssen.
Mag sein, dass das unser Vorteil ist, dass man Jumbo den LKW nicht ansieht und von seinem Kostüm ohnehin in erster Linie abgelenkt ist. Mag aber auch sein, dass es ihm ganz einfach egal war und er lieber seinen Nachmittagscafé geniessen wollte als ein paar Touristen nachzujagen. Fairerweise muss man auch sagen das Jumbo in seiner Version aufgelastet ist und man ihm dank seinen kleinen Rädern nicht direkt ansieht, dass es sich hier effektiv um ein Fahrzeug der Schwerverkehrsklasse handelt.
So quetschen wir uns dann einfach weiter durchs Getümmel, als sei es das normalste auf der Welt und lassen uns noch bis zum Dorfende feiern.
Erstes Learning von heute: Checke die Strassen der geplanten Route im Voraus nochmals ab.
Das Letzte, was wir in unserer ersten Woche wollen, ist mit unserem Dickschiff irgendwo stecken zu bleiben.
Kilometer um Kilometer
Kurz darauf finden wir uns auf der Autobahn wieder und es ist einfach nur herrlich! Es gefällt uns, endlich ordentlich Kilometer abzuspulen, ohne niedrig hängenden Ästen oder Schlaglöchern auszuweichen. Natürlich sieht man mehr, wenn man Überland fährt und keinen Stress hat. Es ist gemütlicher, ohne Frage. Aber eine schön breite Autobahn nach fast 700 Km französischer Landstrassen fühlte sich durch und durch nach Luxus an.
Unser Ziel ist ja nach wie vor Portugal und wir werden nach drei Tagen Fahrt immer ungeduldiger.
Weil wir so richtig im Flow sind, entscheiden wir uns dann auch dafür, die Nacht durchzubrettern. Um 05:00 Uhr morgens kommen wir beim berühmten Circuit Ricardo Tormo an. Einer Rennstrecke 20 Km westlich von Valencia, auf welcher die MotoGP sowie die Superbike-WM oftmals zu Besuch sind.
Irgendwie ist die Gegend aber ein wenig creepy. Der Parkplatz, den wir uns ausgesucht haben, ist mittlerweile eine Baustelle. Wir sind hin und her gerissen. Sollen wir uns hier in eine Seitenstrasse stellen? Diese Situation bringt uns dann bereits zum zweiten Learning: Bei der Schlafplatzsuche sollte man immer einen Plan B bereithalten! Denn das Problem, das wir aktuell haben, ist folgendes: Wir sind, obwohl wir uns beim Fahren abwechselten, nach knapp 15 Stunden Fahrzeit und etwa 650 Km einfach zu müde, um noch ein passendes Plätzchen zu suchen. Aber wir haben diese eine goldene Regel:
Egal in welcher Situation wir sind und völlig irrelevant aus welchen Gründen. Wenn sich einer von uns beiden nicht wohl fühlt an einem Übernachtungsplatz, dann fahren wir weiter. Diskussionslos.
Und dies tun wir nun auch. Wir beide haben kein gutes Gefühl hier. Also geht es wieder zurück auf die Autobahn. Wir quälen uns nochmal etwa 30 Minuten bis zur nächsten grösseren Raststätte. Da parkieren wir wie die grossen Trucks auf den dafür vorgesehenen, beleuchteten Parkfeldern und schlafen komatös bis zum Mittag durch.
Der freundlichste Campingnachtwächter Spaniens
Nach einem Zwischenstopp in Socuéllamos, einer Stadt, welche gefühlt inmitten der spanischen Wüste liegt, können wir Portugal schon fast riechen. Vorher aber übernachten wir auf einem Campingplatz namens ‘Camping Carlos III’, südlich vor Cordoba. Louis, der Nachtwächter des Campingplatzes, empfängt kurz vor Mitternacht mit offenen Armen. „Sorry, dass wir so spät ankommen“, meint Roger zum Nachtwächter. Louis entgegnet in völlig relaxter Manier: „Hey, ich bin der Nachtwächter, für das bin ich doch da!“ Der superfreundliche Peruaner erzählt uns stolz, wie er seit Jahren immer wieder nach Spanien kommt, um auf genau diesem Campingplatz zu arbeiten. Er überprüft noch ob die Steckdose, die er uns zugewiesen hat, auch wirklich funktioniert und macht mit uns in aller Seelen ruhe eine Campingplatzbegehung. Das ist Service! Wir bedanken uns und er verschwindet winkend und mit einem Lächeln in der Dunkelheit.
Die temperamentvollen Sevillaner
Die portugiesische Grenze ist schon fast in Sichtweite. Nur noch einmal kurz in Sevilla die Stadt durchqueren und wir haben es geschafft. Irgendwo auf dem Weg nach Sevilla haben wir unsere vordere linke Radkappe verloren und verpassen dann auch noch die Ausfahrt in Richtung Portugal. So müssen wir eine Ehrenrunde durch das verkehrsreiche und temperamentvolle Sevilla drehen. Aber, wir sind alles andere als unglücklich. Die lebensfreudigen Sevillaner, die bei unserer Stadtdurchquerung grausam Freude am Jungle-Look von Mumbo Jumbo haben, winken und hupen wie die wilden, drehen sich auf der Strasse um, lehnen sich aus den Fenstern der fahrenden Autos und rufen uns zu oder zeigen wild fuchtelnd mehrere Daumen nach oben. Das freut natürlich das Umbauerherz. Der schmerzhafte Verlust der Radkappe ist somit bald wieder vergessen.
Bom dia Portugal
Knapp 3.5 Stunden und 160 Km später überqueren wir den Fluss Guadiana und somit die Grenze zu Portugal. Wuueppaa!
Spannender Fakt für die Statistik-Nerds unter euch:
Die alte Rochel soff dabei bis hier hin (Portugal)
rund 16.91 Liter feinster Autobahndiesel auf 100 Km.
Sehr nice für einen 30-jährigen 6-Zilynder mit 6‘867ccm.
Wir haben es also geschafft. Fünf Tage und vier Nächte sind vergangen, seit wir die Schweiz verlassen haben.
Einen geeigneten Platz für die nächsten drei Wochen haben wir in einem kleinen Dorf Namens Moncarapacho gefunden.
Vorher aber müssen wir zuerst noch kurz unseren Gastank auffüllen. Dank passendem Adapter können wir dies an jeder beliebigen LPG-Tankstelle in ganz Europa tun. Dachten wir zumindest. Der nicht so ganz motivierte, geschweige denn freundliche Tankwart schickt uns zügig, mit der Begründung, dass Wohnmobile hier nicht tanken dürfen, wieder weg. „Okay, sorry gäll!“, meinten wir enttäuscht zu ihm. Ein älterer Herr, der mit seinem Mercedes hinter uns stand und somit front row für dieses Schauspiel hat, kommt auf uns zu und gibt uns eine Adresse von einem Gashändler ganz in der Nähe von unserem Campingplatz. „Geht dahin. Alle Leute mit Womo‘s gehen dort Gas tanken.“, meint er freundlich. „Werden wir tun, besten Dank auch.“
Der Tipp des freundlichen Herrn ist Gold wert.
Weshalb und warum, könnt ihr im nächsten Reisebericht vom incredible Mumbo Jumbo lesen.